Der Bundesfinanzhof hat darüber entschieden, wann sich eine Finanzbehörde unmittelbar an andere Personen als den Steuerpflichtigen (sog. Dritte) wenden darf.
Im Streitfall richtete das Finanzamt –ohne den Kläger hierzu vorab um Auskunft zu ersuchen– ein Auskunftsersuchen betreffend Provisionszahlungen an einen Dritten, nachdem ein anderer Lieferant des Klägers „Ausgleichszahlungen“ an diesen mitgeteilt hatte. Das Auskunftsersuchen diente aus Sicht des FA der „Vervollständigung der Prüfung“. Das Finanzgericht hatte einen Ermessensfehler des FA darin gesehen, dass das FA nicht zuvor den Kläger um Auskunft gebeten hatte, und der Klage stattgegeben.
Der X. Senat des BFH folgte dem FG und hat die Revision zurückgewiesen. Zwar genüge es, wenn aufgrund konkreter Umstände oder aufgrund allgemeiner Erfahrung ein Auskunftsersuchen an einen Dritten angezeigt sei. Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung sollten Dritte aber erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche. Hiervon dürfe die Finanzbehörde nur in atypischen Fällen abweichen. Ein solcher läge vor, wenn aufgrund des bisherigen Verhaltens des Steuerpflichtigen feststehe, dass er nicht mitwirken werde und damit die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung offenkundig sei. Hieran fehlte es im Streitfall.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 83 des BFH vom 9. Dezember 2015; BFH-Urteil vom 29.07.2015 (Az. X R 4/14)