Freiwilliger Wehrdienst: So gibt es weiter Kindergeld
Mit der Volljährigkeit des Kindes beginnt auch für die Eltern steuerlich ein neuer Abschnitt. Gab es bisher die staatliche Förderung durch Kindergeld, Freibeträge für Kinder und davon abhängige steuerrechtliche Vergünstigungen ohne besondere Voraussetzungen, muss jetzt ein bestimmter Grund vorliegen, damit die Förderung weiterläuft.
Kindergeld während der Berufsausbildung
Eine Berufsausbildung wurde immer schon als Berücksichtigungsgrund anerkannt. Aber es gibt noch mehr Gründe, durch die Ihr Kind bei Ihnen weiter berücksichtigt werden kann.
So können Eltern beispielsweise auch dann, wenn ihr Kind freiwilligen Wehrdienst leistet, Kindergeld erhalten – nämlich dann, wenn der freiwillige Wehrdienst eine Maßnahme der Berufsausbildung ist: Für ein Kind, das im Rahmen des Wehrdienstes für einen militärischen oder zivilen Beruf ausgebildet wird, gibt es weiter Kindergeld, entschied der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 3.7.2014. Die Kindergeldberechtigung der Eltern während des freiwilligen Wehrdienstes des Kindes ist also abhängig von der Ausgestaltung des Dienstes und der Art der Durchführung im Einzelfall.
Die Offizierslaufbahn als militärischer Beruf
Von einer Ausbildung für einen militärischen Beruf ist auszugehen, wenn der freiwillige Wehrdienst der Heranführung an die Offiziers- oder Unteroffizierslaufbahn dient. Dabei kommt es jedoch auch darauf an, wie zielstrebig der Wehrdienstleistende diesen Berufswunsch verfolgt und inwiefern bereits der freiwillige Wehrdienst auf dieses Ziel ausgerichtet ist.
Wegen der Möglichkeit einer zivilen Ausbildung während des Wehrdienstes verweist der BFH auf die bereits in früheren Urteilen entschiedenen Fälle der Ausbildung zum Telekommunikationselektroniker, zum Rettungssanitäter oder zum Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE. Eine Ausbildung zum Kraftfahrer während des freiwilligen Wehrdienstes ist übrigens auch dann Berufsausbildung, wenn sie im Mannschaftsdienstgrad erfolgt und eine zuvor zu durchlaufende allgemeine (militärische) Grundausbildung einschließt.
Worauf sich das Kindergeld auswirkt
Der Bezug von Kindergeld für ein Kind ist an sich bereits wichtig genug, schließlich handelt es sich um einen Betrag von mindestens 184 Euro pro Monat, den man hat oder nicht hat. Durch die Freibeträge für Kinder bei der Einkommensteuer und damit auch beim Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer gibt es vom Finanzamt zudem noch etwas obendrauf, wenn von den Eltern bestimmte Einkommensgrenzen überschritten werden.
Aber das ist bei Weitem nicht alles – vom Kindergeldbezug bzw. der Gewährung der Freibeträge hängen noch viele andere Vergünstigungen ab.
Da wäre einmal das höhere Kindergeld für jüngere Geschwister zu nennen: Wird das älteste Kind nicht mehr berücksichtigt und fällt bei der Zählung der Kinder heraus, rücken die jüngeren Geschwister in der Reihenfolge nach. Das zweitälteste Kind ist dann für die Kindergeldberechnung das erste Kind, das nächstjüngere Geschwister das zweite Kind usw. Die unangenehme Folge: Das höchste Kindergeld fällt immer zuerst weg, weil das jüngste Kind in der Reihenfolge nach oben rutscht.
Wenn ein Kind nicht mehr berücksichtigt wird, hat das außerdem noch diese steuerlichen Auswirkungen:
• Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag werden nicht mehr gemindert.
• Die zumutbare Eigenbelastung beim Abzug von außergewöhnlichen Belastungen bei der Einkommensteuer erhöht sich. Die Folge: Als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachte Kosten wirken sich nicht mehr in der bisherigen Höhe aus.
• Ist kein Kind mehr zu berücksichtigen, fällt der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei der Einkommensteuer weg.
Probleme gibt es auch, wenn für ein volljähriges Kind kein Anspruch mehr auf Kindergeld besteht, das Kind aber weiter bei einem alleinerziehenden Elternteil wohnt: In diesen Fällen gibt es den keinen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende selbst dann nicht mehr, wenn noch ein weiteres (minderjähriges) in der Familie lebt.
Damit ist auch die Steuerklasse II auf der Lohnsteuerkarte nicht mehr möglich.
• Die Kinderzulage bei der Riester-Rente entfällt.
• Der Ausbildungsfreibetrag kann nicht mehr geltend gemacht werden.
• Der Abzug von Schulgeld ist nicht mehr möglich.
Auch außerhalb des Steuerrechts sind Vergünstigungen gefährdet
Beispielsweise gibt es den Familienzuschlag bei Beamten nur bei Bezug von Kindergeld, und auch seine Höhe kann von der Anzahl der zu berücksichtigenden Kinder abhängen. Zudem ist die Höhe der Beihilfe nach Anzahl der zu berücksichtigenden Kinder gestaffelt. Entsprechendes gilt für einige Angestellte des öffentlichen Dienstes.
Kindergeldantrag abgelehnt? So kann man sich wehren
Wenn die Familienkasse einen Antrag auf Kindergeld ablehnt, können die bisher kindergeldberechtigten Antragsteller (in der Regel also die Eltern) gegen diesen Bescheid Einspruch einlegen. Die muss dann Familienkasse ihre Entscheidung noch einmal überdenken. Bleibt sie bei ihrer ablehnenden Haltung, erhalten die Antragsteller eine abschließende ablehnende Entscheidung (sog. Einspruchsentscheidung).
Gegen diese Einspruchsentscheidung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim zuständigen Finanzgericht erhoben werden. Einen rechtskundigen Vertreter wie zum Beispiel einen Rechtsanwalt oder einen Steuerberater braucht man vor dem Finanzgericht zwar eigentlich nicht – trotzdem empfehlen wir allen Betroffenen, besser nicht auf eigene Faust zu klagen. Denn beim Verfahren vor dem Finanzgericht gibt es viele Stolperfallen und Risiken.
Quellen:
BFH-Urteil vom 3.7.2014 (Az. III R 53/13)