Das Einspruchsverfahren
Dem finanzgerichtlichen Klageverfahren geht stets ein erfolgloses Einspruchsverfahren beim Finanzamt voraus. Hierbei entscheidet das Finanzamt regelmäßig durch eine sog. Einspruchsentscheidung.
Wie jeder Steuerbescheid hat auch eine Einspruchsentscheidung eine Rechtsbehelfsbelehrung zu enthalten. Aus dieser ergibt sich, dass nunmehr wiederum binnen eines Monats Klage erhoben werden kann.
Das Verfahren vor dem Finanzgericht beginnt mit der Klageschrift. Diese muss
- den Kläger,
- den Beklagten (in der Regel das Finanzamt, das Zollamt oder die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit),
- den Gegenstand des Klagebegehrens,
- den Bescheid des Finanzamtes (Steuerart, Datum) und die Einspruchsentscheidung (Datum)
bezeichnen.
Der Kläger muss deutlich machen, welche Entscheidung er vom Finanzgericht erwartet. Die Klageschrift muss eigenhändig unterschrieben werden. Bei Abfassung der Klageschrift kann der Urkundsbeamte des Finanzgerichts helfen. Dieser darf aber nur Hilfe bei der Formulierung der Klageschrift leisten; eine Beratung über die Erfolgsaussichten ist nicht zulässig. Formgebundene Schriftsätze wie beispielsweise Klagen, Verfahrensanträge oder sonstige Dokumente können nicht rechtswirksam per Email eingereicht werden. Im Gegensatz dazu jedoch Einspruchsverfahren.
Bestätigung durch das Finanzgericht Köln
Im Fall der Übermittlung einer Klageschrift als PDF-Datei mit eingescannter Unterschrift per E-Mail ohne Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur ist mangels Formwirksamkeit als unzulässig abzuweisen. Denn die Anforderungen an eine „schriftliche“ Klageerhebung sind nicht erfüllt, wenn dem Gericht lediglich der Ausdruck einer Klageschrift vorliegt, die als PDF-Anhang mit einer einfachen elektronischen Nachricht (E-Mail) übermittelt wurde. Für elektronische Dokumente ist die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur gesetzlich vorgeschrieben. Zudem darf die Zulässigkeit einer Klageerhebung nicht davon abhängig gemacht werden, ob der E-Mail-Anhang bei Gericht ausgedruckt wird oder nicht.
Kostenvorschuss
Der Kläger erhält nun eine vorläufige Kostenrechnung. Ergibt sich aus dem Klageschriftsatz der Streitwert des Verfahrens ist der Vorschuss aus diesem zu berechnen. Der Streitwert ist regelmäßig der Unterschiedsbetrag zwischen der zuletzt festgesetzten Steuer und der mit der Klage angestrebten Steuerfestsetzung, er beträgt grundsätzlich jedoch mindestens 1.500 €. Lässt sich der Streitwert bei Klageeinreichung nicht ermitteln, fordert die Justizzahlstelle eine Kostenrechnung über einen Betrag von 284 €, der per Überweisung gezahlt werden soll. Gewinnt der Kläger den Prozess, so erhält er diesen Betrag zurück. Verliert er, muss er mindestens diesen Betrag bezahlen. Die genauen Kosten ermittelt der Kostenbeamte erst nach Abschluss des Verfahrens. Die Gerichtskosten können also auch noch höher als 284 € ausfallen.
Kosten des Finanzgerichtsverfahrens
Die Summe der Gerichtskosten errechnet sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) zzgl. der Kosten für einen Rechtsanwalt oder Steuerberater nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Bei einer Entscheidung durch Urteil werden Gebühren und Auslagen wie Zeugenentschädigungen oder Honorare für Sachverständige festgesetzt. Die Gebühren einschließlich der für den Rechtsanwalt ermitteln sich nach dem Streitwert und betragen bei beispielsweise 10.000 € ca. 2.500 €, bei 25.000 € ca. 3.500 € und bei 50.000 € ca. 5.300 €.
Klageerwiderung
Das Gericht bestätigt schriftlich den Eingang seiner Klage und teilt ihm das Aktenzeichen seines Verfahrens beim Finanzgericht mit. Sämtliche Korrespondenz zwischen Herrn S. und dem Finanzamt wegen dieser Streitsache läuft nun über das Finanzgericht. Das Gericht fordert das Finanzamt auf, die Steuerakten zu übersenden und zur Sache Stellung zu nehmen (Klageerwiderung). Nach einigen Wochen erhält der Kläger die Stellungnahme des Finanzamtes. Hieraus ergibt sich im Beispielsfall, dass die Kosten immer noch nicht anerkannt werden. In vielen Fällen wechselt nun der Schriftverkehr hin und her bis jeder Beteiligte seine Argumente vortragen konnte.
Am Anfang eines Verfahrens betreut ein Richter, der sogenannte „Berichterstatter“ das Verfahren. Er ist neben der Geschäftsstelle der erste Ansprechpartner für den Kläger. Vielfach kann er allein das Verfahren erledigen. Kommt es zu einer mündlichen Verhandlung, berichtet er den Senatsmitgliedern den Fall.
Die Entscheidung des Gerichts
Nach dem möglicherweise zeitraubenden Wechsel des Schriftverkehrs kommt es in der Regel entweder zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch Gerichtsbescheid (§ 90 a der Finanzgerichtsordnung). Das Gericht kann, wenn der Sachverhalt klar ist, per Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung durch drei Berufsrichter entscheiden. Ist der Kläger oder das Finanzamt mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, kann jeder innerhalb eines Monats die mündliche Verhandlung beantragen oder zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Im Falle einer mündlichen Verhandlung lädt das Gericht den Kläger und einen Vertreter des Finanzamtes zum Gericht. Beide haben dann Gelegenheit, ihren Standpunkt persönlich in der Verhandlung vor drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern darzulegen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wird entweder ein Urteil verkündet oder den Beteiligten mitgeteilt, dass eine Entscheidung schriftlich zugestellt wird. Es ist auch möglich, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Dann entscheiden die drei Berufsrichter und zwei ehrenamtliche Richter, allerdings ohne förmliche mündliche Verhandlung. Selbstverständlich kann der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Klage auch noch zurücknehmen, wenn er auf Grund der Verhandlung zu der Auffassung kommt, dass sein Begehren wenig Aussicht auf Erfolg hat. Im Falle einer Klagerücknahme halbiert sich die Gerichtsgebühr. Auch das Finanzamt kann auf Grund der mündlichen Verhandlung seinen bisherigen Standpunkt revidieren und sich dazu verpflichten, einen zu Gunsten des Steuerpflichtigen geänderten Bescheid zu erlassen. Jedenfalls kann in finanzgerichtlichen Verfahren die Steuer des Klägers nicht erhöht werden; das Risiko des Klägers besteht also (neben den Kosten) nur darin, dass seine Klage abgewiesen wird.
Güterichter
Regelmäßig können auch sog. „Güterichterverfahren“ durchgeführt werden. Dies kann sinnvoll sein, wenn besondere Konflikte zwischen den Beteiligten bestehen, die über das eigentliche Rechtsproblem hinausgehen, etwa bei besonders emotionsgeladenen und festgefahrenen Streitigkeiten. Wenn neben der steuerlichen Fachkompetenz auch der Einsatz besonderer Konfliktlösungsmethoden wie der Mediation sinnvoll erscheint, kann der Güterichter eingeschaltet werden.
Auf Antrag aller Verfahrensbeteiligten übernimmt der Güterichter nach Klageerhebung das Verfahren und versucht – gemeinsam mit den Beteiligten – eine einvernehmliche, interessengerechte und rechtskonforme Lösung für den Streit zu finden. In der Sache selbst ist er nicht entscheidungsbefugt und wirkt nach einem etwaigen Scheitern der Güteverhandlung nicht an einer streitigen Entscheidung mit. Jeder Beteiligte kann jederzeit in das streitige Gerichtsverfahren zurückkehren.
„Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung“.
Quellen: Service Information des Finanzgerichts Thüringen, Urteil des FG Köln vom 25.01.2018 (Az. 10 K 2732/17; Rev. anhängig beim BFH, Az. VI B 14/18).